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Da habe ich mit meiner Dicken, einer Honda PanEuropean STX 1300, keine Probleme: die ist mit ihrer
Vollverkleidung, mit dem formidablen Windschutz und der couchähnlichen Sitzgelegenheit - und mit einem
geschmeidigen 1300-Kubik, 4-Zylinder längsliegenden wassergekühlten, zähen, leistungsfähigen und ausdauernden V-Motor mit
Kardan und 135 PS - gewissermaßen von Geburt an für solche langen Strecken wie geschaffen - dieses Modell
und ihre Vorgängerin, die ST 1100, die ich auch einige Jahre über 60.000 Kilometer gefahren bin, sind seit nunmehr fast 20 Jahren durchgehend in
der Motorradszene oft genug als das non-plus-ultra für Langstreckenfahrten jedweder Art gepriesen
worden und setzt - und setzte - in dieser Kategorie Maßstäbe... Nomen est Omen: PanEuropean ! Das musste an dieser Stelle einfach mal gesagt werden....
Das ganze lässt sich dann auch noch in GoogleEarth (hier anklicken)
übertragen und soll letztendlich mein endgültiger Beweis für die gefahrene Strecke werden. In der digitalen Dokumentation
ist alles enthalten: Millimetergenaue Ortung, Datum, Uhrzeit, laufende Kilometer und gefahrene Geschwindigkeit - jeweils
bei jedem einzelnen Wegpunkt, der automatisch alle 200 Meter oder manuell gesetzt ist (die Pinnadeln).
Über die Tücken der Technik später mehr... Ich gebe an dieser Stelle gerne zu, dass ich ein Mensch bin,
der immer noch einfache, altmodische Karten aus Papier liebt - auch wenn ich mitlerweile die laminierte und regenfeste
Ausgabe für Motorradfahrer habe. (NACHTRAG: Trotz aller Abneigung gegen die Digitale Technik habe ich mir 2009
dann doch ein ZUMO 550 zugelegt...)
Kurz nach Hamburg fahre ich schnell auf einen Parkplatz und montiere meinen Gas-Throttle. Was das ist ?
Ganz einfach: eine Lasche aus festem Kunststoff, die man so um das äußere Ende des Gasgriffs drehen kann,
dass bei einer beliebigen Stellung der Handballen für den erforderlichen Druck am Gaszug sorgt. Beim Motorrad
kann man ja den Gaszug nicht Feststellen; eine Tempomat wäre zu gefährlich - dafür muss man doch zu oft
nachregulieren. Aber der Thottle sorgt dafür, dass man nicht ständig den Gasgriff fest umklammern muss, und
das entlastet ungemein die Muskulatur von der Hand bis zur Schulter. Das lohnt sich nur unter solchen
optimalen Fahrbedingungen wie heute, bei denen man das Gas über weite Strecken fast dauerhaft in einer
Position stehen lassen kann, aber es lohnt sich: ich habe am Ende der Tour keinerlei Verspannung im Körper,
die ich sonst nach einer Tagestour und bei viel weniger Kilometer besonders in der rechten Schulter
verspüren kann.
Ich habe für die zweite Hälfte der Strecke (um mit meinem Zeitmanagement auf der sicheren Seite zu sein)
4 Nebenziele ausgesucht, die mich - auch zu Pausenzwecken - abseits der Autobahn führen sollen. Auch in
diesem Jahr fahre ich wieder den Jahres-Touristik-Wettbewerb "Tourenzielfahrt"
des Bundesverbandes der Motorradfahrer e.V..
Zielorte in diesem Jahr 2008 sind "Alte Bäume". Der Tourenleiter hat eine Liste mit bundesweit gut 130 sehenswerten
alten Bäumen erstellt. Davon können über das ganze Jahr maximal 30 angefahren werden. Natürlich haben die
Ziele unterschiedliche Punktewertung, so dass ein realistischer Wettbewerb möglich ist.
Vom Riesenfahrad, über ein Beate-Uhse-Bike (was auch immer das sein mag...) bis hin zur Fahrrad-Guitarre - alles Exponate aus Edelstahl.
17 davon sind sogar im Guiness-Buch der Rekorde verzeichnet. Hierzu gehört unter anderem das größte
Tandem-Rad (Länge: 6m), das längste Fahrrad der Welt (7,80m lang, 76 Hinterräder und 228 Zahnkränze)
oder auch das Fahrrad mit dem kleinsten Vorderrad (Durchmesser: 2mm). Alles Kreationen des bekanntesten
Maskottchen der Tour de France, Didi Senft, auch genannt „El Diablo“.
"Hinter dem Sportplatz Karlslust dem Feldweg nach Südwesten folgen. Die Kiefer steht an einer Waldecke
200 m südwestl. der letzten Häuser" - so steht es in der Ausschreibung. Am Sportplatz wird es sandig.
Es läuft gerade ein Fußballspiel. An der Kasse sitzt eine Frau mittleren Alters. "Eine was ? Malerkiefer ?"
Ja, das stimmt wohl, da weiter unten steht so ein Baum als Touristenattraktion. Warum sie Malerkiefer heißt ?
Das weiß die Frau nicht - obwohl sich herausstellt, dass sie die Bürgermeisterin des Ortes ist...
In der Ausschreibung steht: "Kaditz, Tausendjährige Eiche vor der Kirche".
Ich finde die Kirche schnell, und dort auch einen sehr alten Baum. Das ist aber keine Eiche, sondern eine Linde, die mit
Hinweisschild auch als Tausendjährig ausgewiesen wird. Als alter und geprüfter Teilnehmer an mehreren
Orientierungs- und Zielfahrten komme ich in Zweifel: ist das ein Trick ? Gibt es hier nicht irgendwo
versteckt doch noch eine alte Eiche ? Ich frage einen alten Ortsansässigen, der nur von der Linde weiß, und eine
spätere Rückfrage beim Tourenleiter bestätigt dann auch, dass es sich um einen Fehler in den Unterlagen
handelt. Die Linde befindet sich an der Kirche in dem recht gut erhaltenen alten Dorfkern von Kaditz. Das Alter
wird offiziell mit 1000 Jahren angegeben, vielleicht ist sie aber doch etwas jünger - nur 800 Jahre. Auf
jeden Fall der älteste Baum auf dem Stadtgebiet Dresdens.
Weiter geht es über Chemnitz, Zwickau und Hof bis kurz vor Bayreuth, ab hier nach Westen, Richtung Bamberg
und Würzburg - Go West - Go Home: Richtung Heimat. Mein letzter Baum für heute steht kurz danach abseits der A 70, in
Limmersdorf, unweit von Kulmbach - und ist der schönste Baum dieser Fahrt: mitten im Ort die alte Tanzlinde.
Bis in unsere Zeit hinein wird diese Linde als das benutzt, was sie von der Bezeichnung her ist: als
Tanzlinde. Allerdings werden seit Jahrhunderten nicht mehr die Äste des Baumes als Auflagepunkte für ein
begehbares Podest und die Tanzdielen benutzt, sondern achteckige Säulen aus Sandstein, die eigens für diesen
Zweck um den Baum herum drapiert wurden. Die Linde soll 1648 von einem Bauern aus Dankbarkeit darüber
gepflanzt worden sein, das der 30-jährige Krieg endlich vorbei war. Der Stammumfang beträgt heute in einem
Meter Höhe 4,30 m bei einer Baumhöhe von 19 Metern. Der Tanzboden hat einen Druchmesse von ungefähr 15 Meter.
Einmalig !
Auf dem Tankbeleg steht die Uhrzeit 23:51, 10.05.2008, Kilometerstand: 81.606 - Ende. Frau Deutsch hat wieder
Kassendienst. Ich bin in weniger als 24 Stunden nach Tacho 1747 Kilometer gefahren, nach GPS-Logger
(dem ich mehr glauben schenke) 1721 Km. - 111 Km. mehr als gefordert. Tacho-Abweichung: 1,48 % - hinnehmbar.
Der GPS-Logger ist doch noch mit den neuen Batterien weiter gelaufen und hat zu meiner großen Freude alles
gespeichert und auch die letzte Etappe still und heimlich aufgenommen - Vertrauen in die Technik !| Die eisen-harten Fakten in der Zusammenfassung: | |
| Gefahrene Strecke: | 1.722 Kilometer (nach GPS 1721) |
| Gefahrene Zeit, gesamt: | 19 h. 14 min. |
| Reine Fahrzeit: | ca. 15 h. |
| Pausen: | ca. 4 h. |
| Rechnerische Durchschnittsgeschwindigkeit für Mindeststrecke von 1610 Km. |
67 km/h |
| Tatsächlie Durchschnittsgeschwindigkeit für gefahrene Strecke: |
115 km/h |
| Maximale Höchstgeschwindigkeit: | 200 Km/h |
| Durchschnittsverbrauch, gesamt: | 7.29 L/100 Km. |
Im September 2022 aktualisiert